<212> selbst sich auf Breslau zurückziehen könnte, noch ehe die Österreicher aus den Gebirgspässen herausgetreten seien. Um den Spion noch mehr in seinem Irrtum zu bestärken, ließ der König Wege nach Breslau ausbessern. Der Spion versprach alles, erfuhr von der Instandsetzung der Wege und eilte zum Prinzen von Lothringen mit der Meldung, daß der Feind fortzöge und daß er niemand mehr vorfinden würde.

Die Aufmerksamkeit des Königs war jetzt in erster Linie auf Landeshut gerichtet. Dorthin detachierte er Winterfeldt mit einigen Bataillonen und den Husarenregimentern Ruesch und Bronikowski, um die Bewegungen der Österreicher zu beobachten. Bald sollte Winterfeldt sich hervortun. Bei Hirschberg schlug er 800 Ungarn unter einem Freischarenführer Patatich und machte 300 Gefangene. Zur Vergeltung des der ungarischen Nation angetanen Schimpfes rückte Nadasdy mit 7 000 Mann gegen Winterfeldt, der nur 2 400 Mann hatte, vor und griff ihn bei Landeshut an (22. Mai). Nach vierstündigem Kampfe war die ungarische Infanterie völlig geschlagen. Gerade als Nadasdy sich zum Rückzuge wandte, trifft General Stille mit zehn Schwadronen Alt-Möllendorff-Dragonern ein und stürzt sich auf den Feind. Die Ungarn werden völlig geworfen und unter fortwährenden Gefechten bis an die böhmische Grenze zurückgetrieben. Die Österreicher verloren bei diesem Treffen 600 Mann. Einige ihrer vornehmsten Offiziere fielen verwundet in Feindeshand. Von den Gefangenen erfuhr man, daß Nadasdy Befehl hatte, bei Landeshut Posto zu fassen. Wäre ihm das gelungen, dann sollte der Prinz von Lothringen ihm folgen. Winterfeldt wurde wegen seiner hervorragenden Leistungen und seines klugen Benehmens zum Generalmajor befördert.

Markgraf Karl mußte nun unverzüglich aus Oberschlesien abberufen werden. Die ungarische Miliz hatte sich die Aufhebung der Winterquartiere zunutze gemacht, um ganz Oberschlesien mit Streifkorps zu überschwemmen. 6 000 Husaren schwärmten zwischen Jägerndorf und Neustadt, um die Verbindung des Markgrafen mit der Armee zu unterbrechen. Damit der Befehl zum Rückzug nach Neiße den Markgrafen auch wirklich erreichte, schickte der König die Zietenhusaren an ihn ab. Sie schlugen sich durch die Ungarn durch und überbrachten ihm die Order1. Der Markgraf setzte sich am 22. Mai in Marsch. Sein Korps zählte etwa 12 000 Mann. Die Feinde sahen seinen Rückzug voraus. Sie hatten sich auf 20 000 Mann verstärkt, teils durch zusammengeraffte barbarische Völker, teils durch einige reguläre Truppen, die aus


1 Es handelt sich um den berühmten Ritt am 19. und 20. Mai 1745, auf dem Zieten mit 550 Husaren 10 Meilen in 22 Stunden zurücklegte, zuletzt unter wiederholten Angriffen und im Galopp, als er sich vom Feinde entdeckt und verfolgt sah. „Well ich“, so berichtete er am 21. dem König, „diejenigen, so mir im Marsch aufhalten wolten, braff durch außfallung der Züge oder gantze Esquadrons mit dem Säbel in der Faust zurücktreiben ließe, so erreichte doch die Höhe nahe vor Jägerndorf, allwo dann der General Bronikowski mit seinem Regiment zu mir stieß.“ Bronikowski war Zieten entgegengeschickt worden. Auf die Rückseite des Berichtes schrieb der König eigenhändig: „ich währe Sehr Mit Seiner Klugen conduite So wohl als so viel ertzeigter Bravour zufriden“.